Es gibt zwei Dinge, die man ohne jedes Training einfach können soll: Uni-Seminare halten und Fachartikel schreiben.
An der Uni gilt: Dozenten werden mit null (!) Stunden Didaktikausbildung in die Lehre geworfen und sollen ihr Fach unterrichten. Die Annahme ist: Wer als Wissenschaftler gut ist, wird wohl auch in der Lehre gut sein. Dass das nicht stimmt, weiß jeder Student, der mal einen Professor als didaktische Vollkatastrophe erlebt hat.
In Professionen wie Coaching, Therapie, Sozialarbeit, Organisationsentwicklung, Beratung gilt: Praktiker werden mit null (!) Stunden Schreibtraining in einen Fachdiskurs geworfen, der aus Fachzeitschriften und Fachbüchern besteht. Die Annahme ist: Wer etwas zu sagen hat, wird wohl auch einen Text schreiben können. Dass das nicht stimmt, weiß jeder, der es mal versucht hat, oder auch jeder, der Respekt vor dem Medium Text und der Tätigkeit des Schreibens hat.
Tatsächlich muss man beides lernen, Seminarehalten und Schreiben. Es mag ein paar Naturtalente geben, die das immer schon können, aber für 99% der Menschen gilt, dass das eine Kunst ist, oder: ein Handwerk ist, das man lernen muss und lernen kann wie jedes andere Handwerk auch. „Da wär’ ein Gelernter ein Depp“, heißt es dazu in Bayern. Soll heißen: Wenn jemand drei Jahre lang eine Schreinerlehre macht und dann nicht besser mit einer Säge umgehen kann als ein Ungelernter, müsste er ein Depp sein.
Es kann dann dazu kommen, dass hochintelligente, hochkompetente Praktiker anfangen, sich für Deppen zu halten und eine Art strukturellen Minderwertigkeitskomplex gegenüber Wissenschaftlern zu entwickeln, weil letztere ständig Texte schreiben und ihre Websites mit Publikationen schmücken können, während sie selbst vor allem in Interaktionssettings arbeiten und keinen laufenden Textoutput haben.
Das ist eine Fehlkonstruktion, der dadurch abzuhelfen ist, dass professionellen Praktikern das Handwerk des Schreibens beigebracht wird. Wenn Uni-Professoren umgekehrt das Gleiche tun würden und sich zusätzlich zu ihren Forscherskills noch Interaktionsskills und Didaktikskills zulegen würden, wäre die Welt noch schöner. Das sind zwei Berufsfelder mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen: Das eine beruht primär auf Interaktion und führt Textarbeit nur sekundär mit, das andere beruht primär auf Texten und stellt Interaktionskompetenzen sekundär. Keines ist besser als das andere, und keine Gruppe ist schlauer als die andere. Sie sind nur verschieden.
Im systemischen Schreibcoaching können professionelle Praktiker die notwendigen Skills lernen – angedockt an die Sprache des Beziehungsdenkens und der Beziehungsgestaltung, in der sie Experten sind. Ich habe diesen Ansatz entwickelt, weil meine persönliche Berufsbiographie mich durch diese beiden Felder und Kompetenzbereiche hindurchgeführt hat, so dass ich sowohl wissenschaftliches Schreiben gelernt habe als auch systemisches Beziehungsverständnis. Nachdem ich mehr oder weniger durch Zufall diese Doppelkompetenz erworben habe, will ich sie gerne weitergeben an alle, die an der einen oder anderen Stelle etwas dazulernen wollen.